Als ich vor ein paar Wochen das erste Mal Ground Zeroes startete, war ich skeptisch: Ein Metal Gear Solid, das in 90 Minuten durchgespielt ist? Doch nachdem ich die Controller-Sticks schweissnass durch die Militärbasis Camp Omega gesteuert habe, weiss ich: Hideo Kojima hat hier nicht nur eine Demo, sondern ein verdammt gelungenes Experiment abgeliefert.
Steuerung und Gameplay: Endlich flüssig wie Sam Fisher
Was mir sofort auffiel: Big Boss bewegt sich wie nie zuvor. Die holprigen Kamera-Kämpfe der Vergangenheit sind Geschichte. Die Steuerung ist präzise, die Übersicht dank der frei rotierenden Kamera perfekt – fast, als hätte Kojima heimlich bei Splinter Cell abgekupfert. Selbst das Klettern über Zäune oder das gezielte Ausweichen unter Hindernissen fühlt sich intuitiv an. Und dieser Reflex-Modus! Klar, Puristen können ihn deaktivieren, aber für Neulinge wie mich war er ein Segen: Als mich ein Wächter im Mondlicht erspähte, jagte mir die Zeitlupe Adrenalin durch die Adern. Headshot, Alarm verhindert – herrlich!

Camp Omega: Eine Sandkiste für Schleich-Enthusiasten
Die kurze Hauptmission – «Ground Zeroes» – ist zwar in einer Mittagspause durch, aber wer bei Metal Gear nur die Story jagt, hat den Sinn der Serie nie verstanden. Camp Omega ist ein Spielplatz der Möglichkeiten. In meiner zweiten Runde entdeckte ich versteckte Tunnel, hackte Sicherheitssysteme und befreite Gefangene, von denen ich beim ersten Mal nichts ahnte. Selbst nach fünf Stunden finde ich neue Pfade – besonders unter Regen oder Nacht wird jede Mission zur Nervenprobe.

Und dann die Side-Ops: Ob ich zwei Überläufer mit dem Scharfschützengewehr aus 200 Metern erledige oder mich mit meiner Trusty-Silenced-Pistole anpirsche – jedes Mal fühlt es sich an, als hätte Kojima persönlich mir zugeraunt: «Probier’s doch mal so…». Der wahre Reiz liegt im Experimentieren.
Kojimas Nostalgie-Bomben: Déjà Vu und Alien-Invasion
Für PS4-Spieler ist die Déjà-Vu-Mission ein Liebesbrief an die PS1-Ära. Als Big Boss in der klassichen Shadow Moses-Pose vor Überwachungskameras kauerte, grinsten meine Narben vor Nostalgie. Noch absurder wird’s in «Jamais Vu», wo Raiden gegen Snatcher-Androiden kämpft – eine klare Referenz an Kojimas vergessenes Meisterwerk Snatcher (1988). Hier zeigt der Meister: Selbst in einem Spin-off steckt mehr Kreativität als in manchem Vollpreistitel.

Grafik: Fox Engine meets J.J. Abrams
Die Fox Engine ist ein Monster. Auf der PS4 leuchten die Linsenreflexe (Lens Flares) wie bei einem Star Trek-Reboot, Regen prasselt realistisch auf Big Boss’ Poncho, und die Texturen der Militärbaracken sehen aus, als könnte man den Rost abkratzen. Selbst auf der PS3 ist es respektabel, aber auf Next-Gen spürt man: Das ist die Zukunft von Metal Gear.

Fazit: Ein Hoch auf Kojimas geniale Vorspeise
Ground Zeroes ist kein vollwertiges Menü – und genau das macht es so clever. Es hinterlässt Geschmack auf mehr, poliert die Serie bis ins Letzte und beweist: Selbst in 90 Minuten kann Kojima mehr Spannung packen als andere in 20 Stunden. Für mich ist es das beste Argument, warum Metal Gear auch 2015 noch König der Stealth-Action ist. Und jetzt, Hideo, gib uns endlich The Phantom Pain!
Für Serien-Fans ist es ein Muss. Für Neulinge der perfekte Einstieg, um Kojimas Genie zu erleben. Und für mich? Ein Vorgeschmack auf den Game-of-the-Year-Kandidaten 2015.
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